«Schnell zeigte sich, dass es keinen Sinn macht, alle Daten aus dem verwendeten Datensatz für eine Polynominterpolation zu gebrauchen. Aufgrund von starken Oszillationen kann auf diese Weise kein realistischer Verlauf von Temperaturen dargestellt werden.»
Johannes Roth
«Extrapolation durch Interpolation – Untersuchung der Eignung der Polynominterpolation für Temperaturvorhersagen»
Autor: Johannes Roth, Maturitätsarbeit an der Kantonsschule im Lee, Frühjahr 2025
Will man zum Beispiel wissen, wie sich die Form eines Flügels unter Belastung verändert, wieviel elektrische Energie sich aus der Abwärme einer Kaffeemaschine bei welcher Temperatur erzeugen lässt, wie die Zeit zum Lösen eines Rubics-Cubes von der Anzahl der Rotationen in jede Raumrichtung abhängt, oder wer wissen will, wann das klassisch geformte Bierglas in der vollautomatischen Zapfanlage zu welcher Höhe gefüllt ist, kommt um Messen und Rechnen nicht herum. Aus den erfassten Messdaten lässt sich nun ein formelmässiger Zusammenhang zwischen den verschiedenen Grössen herleiten. Dass dieser Zusammenhang im beobachteten Bereich durch die gefundene Formel beschrieben wird, kann unter gewissen Bedingungen, angenommen werden. Dass die Formel aber auch noch stimmt, wenn man über den Messbereich hinausgeht, ist überhaupt nicht selbstverständlich. Ein Beispiel: wenn der Zapfhahn das Bierglas in 20 Sekunden bis unter den Rand füllt, ist allen klar, dass es nach vierzig Sekunden nicht einfach doppelt so voll ist, sondern etwa die Hälfte des Getränks vergeudet wurde. Sie wissen wahrscheinlich alle, dass sie durch zwei Punkte eine Gerade zeichnen können, bei drei Punkten geht das nicht mehr in jedem Fall. Sie nehmen eine quadratische Funktion und die entstehende Parabel passt wieder durch alle drei Punkte hindurch. Den Beweis, dass dies auch bei vier, fünf, oder n Punkten funktioniert, einfach mit komplexeren Funktionen, beweist Johannes in seiner Arbeit. Dabei folgt er dem selbstverständlich schon bekannten Beweis, erklärt diesen aber genau und schätzt die Abweichungen ab. Er schreibt Computerprogramme, die diese aufwändigen Funktionen erzeugen und an die Temperaturdaten der vergangenen 141 Jahre anpasst. Dabei wird klar, dass sich die Polynominterpolation für die Vorhersage nicht eignet, ganz ähnlich wie beim Bier. Und doch gibt es ein mathematisches Verfahren, dem genau diese Extrapolation zu Grunde liegt. Johannes führt in die Rhomberg-Integration ein und setzt auch diese informatiktechnisch um.
Ich freue mich Ihnen, Johannes, deshalb den NGW-Award 2025 bestehend aus einem Preisgeld von 500 Fr. und einer Mitgliedschaft in der NGW zu überreichen.
Michael Oettli, Präsident NGW
