Freitag, 5. April 2019, 20.00 Uhr
Prof. Dr. Christoph Scheidegger, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf
ZHAW, grosser Physikhörsaal TP406, Technikumstrasse 9, 8400 Winterthur
Flechten sind Doppelwesen, die mindestens aus einem Pilz- und einem Algenpartner zusammengesetzt sind, welche in permanenter Symbiose miteinander leben. Zudem können Flechten ohne Schaden zu nehmen austrocknen und in einem scheintoten Zustand Trockenheit überdauern, bis sie vom nächsten Regen aus ihrem «Dornröschenschlaf» wachgeküsst werden. Dank dieser Eigenschaft, bei Trockenstress ihre physiologischen Prozesse abzuschalten und unwirtliche Zeiten in scheintotem Zustand zu überdauern, sind Flechten perfekt an extreme Lebensräume wie Wüsten oder Gipfelfelsen in Gebirgen angepasst: fast tausend Arten wachsen in der Schweiz an Felsflächen und geben alpinen Landschaften ihre charakteristischen Farbmuster. Flechten kommen aber auch in tieferen Lagen vor, wo mehrere hundert Arten auf der Borke lebender Bäume wachsen – einem Lebensraum, welcher ebenfalls regelmässig abtrocknet und deshalb nur von wechselfeuchten Organismen wie Flechten besiedelt werden kann. Weil nun zahlreiche baumbewohnende Flechten an Kleinstandorte wie tiefe Borkenrisse angewiesen sind, welche nur an alten Bäumen entwickelt werden, gehören Flechten in bewirtschafteten Wäldern zu den am stärksten gefährdeten Organismen.
Der Vortrag ist öffentlich und gratis. Gäste sind herzlich willkommen.